Liebe Sunny,
Du warst unsere erste Katze, und das obwohl meine Eltern Katzen nie leiden konnten.
Aber unsere Hundedame Souris hat Katzen sehr geliebt. Und so kamst Du eines Tages als kleines Kätzchen in unsere Familie.
Als Souris Dich das erste Mal begrüßen wollte hattest Du Angst und hast Dich vor ihr in der hintersten Ecke versteckt. Aber Souris war geduldig, und es hat keine zwei Stunden gedauert, da habt Ihr Euch Nase an Nase beschnuppert. Danach wart Ihr neun Jahre lang die besten Freunde und ein Gaunerteam sondersgleichen. Das Betteln hast Du dabei von Souris gelernt. Klauen konntest Du selbst.
2005 mussten wir uns von Souris verabschieden. Sie war selbst schon eine alte Dame von 15 Jahren als sie von uns ging. Du hast sehr um sie getrauert, bist ziemlich dick geworden zu der Zeit. Doch dann kam Rufus, der als kleines, hageres Kätzchen von seiner Mama in unserem Garten aufgezogen wurde, und Du hast unerwartete Muttergefühle in Dir entdeckt. Feli, die vier Jahre später dazu kam konnte Dich dafür so gar nicht leiden. Aber das war Dir denkbar egal. Denn Du warst die Chefin hier, vom ersten Tag an, und das konnte Dir bis zuletzt keiner streitig machen. Du konntest aber auch manchmal eine arge Kratzbürste sein.
In den letzten beiden Jahren bist Du sehr abgemagert. Eine Schilddrüsenüberfunktion haben wir mit Tabletten behandelt. Nicht immer war das leicht, denn die Tricks mit Leberwurst und Hackfleisch hattest Du schnell durchschaut, und hin und wieder fanden wir Tabletten unter dem Rand des Futternapfs versteckt, einmal sogar unter der Tischdecke. Aber die Behandlung schlug gut an. Nur zugenommen hast Du nicht mehr und warst am Ende nur noch Haut und Knochen.
Außerdem wurdest Du immer schrulliger, hast oft nicht mehr gewußt wo Du warst, saßt manchmal ewig an einer Stelle und schienst zu überlegen was Du wohl gerade machen wolltest. Dein Weg führte Dich dann entweder zum Futternapf oder in eines Deiner Katzenbetten. Aber gehört hast Du noch gut. Auch wenn Du oft so getan hast als wärst Du taub, sobald die Kühlschranktür auf ging, standest Du schon parat.
Am Montag musste ich wieder zurück nach München. Gestern dann wolltest Du auf einmal nicht mehr fressen, bist nur aufgestanden, um zwischen Katzenbett und Höhle hin und her zu wandern. Du bist im Laufe des Tages immer schwächer geworden, und wir waren schon dabei uns darauf einzustellen, dass Du Dich verabschieden möchtest. Dass Du dann aber so schnell gehen würdest, hatten wir nicht geahnt. Um kurz vor fünf Uhr hast Du Dich auf den Boden gelegt. Mama hat sich zu Dir gesetzt und Dich gestreichelt, Dir Deinen Kopf gehalten. Du hast sie angeschaut, und um 17:09 Uhr hast Du Deinen letzten Atemzug getan, ganz ruhig und friedlich. Papa hat das Fenster geöffnet, "damit die Katzenseele entweichen kann".
Ich habe erst heute davon erfahren. Am Telefon wollten sie mir nichts sagen. Ich bin traurig, dass Du nicht auf mich warten konntest, aber Du hattest offenbar nicht mehr die Kraft dazu. Dafür haben wir Dich heute gemeinsam im Garten geerdigt.
Ich bin dankbar für die Jahre, die Du an meiner Seite warst und ganz besonders für die letzten Monate, die doch noch einmal sehr intensiv waren. Wie ich Dich einfach nur auf dem Arm hatte und wir aus dem Fenster den Vögeln zuschauten. Wie groß Dein Vertrauen zu uns in jeder Situation war, sogar als es das erste Mal in Deinem Leben aus dem Haus zum Tierarzt ging. Sonst kam ja der Landtierarzt immer zu uns, und wer kann den schon leiden?
Und Danke, dass Du uns die letzte Entscheidung abgenommen hast und so leicht gegangen ist wie man das jedem nur wünschen möchte.
Ich hoffe, dass Du jetzt wieder mit Deiner großen Freundin vereint bist und Ihr gemeinsam Euer neues Zuhause unsicher macht.